Verwandte Pflegeeltern

Mit dem neuen Kinder- und Jugendheimgesetz (KJG) können alle Pflegefamilien, die über eine Leistungsvereinbarung mit dem Amt für Jugend und Berufsberatung des Kantons Zürich verfügen, bei Bedarf eine sozialpädagogische Begleitung bei einem Anbieter von Dienstleistungen in der Familienpflege (DAF) wie Espoir in Anspruch nehmen. Unabhängig davon, ob sie bei einer DAF unter Vertrag sind oder nicht. Im ersten Jahr seit Inkrafttreten des KJG konnte Espoir 15 Begleitungen von Pflegeeltern übernehmen, die nicht bei uns unter Vertrag sind. Diese Pflegefamilien haben verschiedene Hintergründe. Im Folgenden gehen wir auf die besonderen Herausforderungen von verwandten Pflegeeltern ein.

In der Schweiz leben ungefähr 40 Prozent der Pflegekinder bei Verwandten, also bei Grosseltern, erwachsenen (Halb-)Geschwistern, Tanten oder Onkeln. Verwandte, die ein Kind aufnehmen, tun dies, weil sie sich emotional und familiär mit dem Kind verbunden fühlen. Und für die Kinder ist eine Platzierung bei Verwandten häufig weniger einschneidend als ein Wechsel in eine für sie fremde Familie. Die verwandten Pflegeeltern empfinden dies als private Entscheidung. Aber auch sie benötigen gemäss Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern (PAVO) eine Bewilligung, wenn sie ein Kind für länger als drei Monate in ihrem Haushalt aufnehmen möchten.

Verwandtenpflegeverhältnisse unterscheiden sich von anderen Pflegeverhältnissen durch die Voraussetzungen ihrer Entstehung und durch ihre innere Dynamik. Meist werden Verwandte in einem schmerzhaften Prozess zu einer Verwandtenpflegefamilie, nach dem Miterleben gravierender Probleme der Tochter oder des Sohnes, der Nichte oder des Neffen, der Schwester oder des Bruders. Sie sehen, dass es dem verwandten Kind mit seinen Eltern nicht gut geht. Es ist durchaus möglich, dass es bereits zu Auseinandersetzungen zwischen den Verwandtenpflegeeltern und den Kindeseltern gekommen ist. Vielleicht waren sie mit dem Lebenswandel nicht einverstanden. Oder es gab Schwierigkeiten aufgrund psychischer Probleme, aufgrund von Gewaltvorfällen oder weil Drogen oder Alkohol im Spiel waren.

Dazu kommt, dass die leiblichen Eltern des Kindes in der Verwandtenpflege quasi immer mit am Tisch sitzen. Sie sind mit den inneren Bildern der Verwandten verbunden. Virulent wird die innere Haltung der Pflegeeltern den Kindeseltern gegenüber vor allem in der Frage der Zusammenarbeit mit ihnen und der Besuchskontakte. Diese können für alle Pflegeeltern herausfordernd sein. Bei Verwandten sind sie aber zusätzlich mit der Frage nach der eigenen Haltung den Kindeseltern gegenüber verbunden. Diese Fragen wühlen auf und führen zu Spannungen.

Espoir empfiehlt allen Pflegeeltern eine kontinuierliche Begleitung des Pflegeverhältnisses. Besonders gilt dies bei verwandten Pflegeeltern, wo es wichtig ist, eine Brücke zwischen Privatheit und dem öffentlichen Auftrag der Pflegeelternschaft zu schlagen. Bei der Begleitung sind die bestehende Bindung oder Beziehung des Kindes zu seinen verwandten Pflegeeltern und die Expertise der verwandten Pflegeeltern, ihr Alltagswissen um die Verhältnisse und Lebenssituation des Kindes zu würdigen. Die begleitende Fachperson kann die Verwandtenpflegeeltern unterstützen beim Einordnen von besonderen Verhaltensweisen des Kindes und beim Finden von möglichen Handlungsstrategien. Kinder in Verwandtenpflegefamilien bedürfen Unterstützung bei besonderen Belastungen wie beispielsweise Loyalitäts- oder innerfamiliären Konflikten. Basis dafür ist ein Vertrauensverhältnis zwischen Fachperson und Pflegeeltern sowie Pflegekindern. Dieses muss frühzeitig etabliert werden. Wenn die Krise bereits da ist, ist es meist zu spät, um das Pflegeverhältnis mit einer professionellen Begleitung noch zu stabilisieren, und es kommt häufig zu Abbrüchen, die immer gravierendes Leid verursachen. Solche Szenarien können durch einen rechtzeitigen Einbezug und eine ausreichend intensive Begleitung einer DAF wie Espoir vermieden werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass eine begleitende Organisation wie Espoir bei verwandten Pflegeeltern eher zu spät zur Unterstützung beigezogen wird.

Ein Beispiel einer Verwandten-Pflegefamilie, die von Espoir begleitet wird, lesen sie hier.

Startseite